Nationalismus
Aus psychologischer Sicht betrachtet will jeder Mensch einer Gruppe angehören. Im Falle vom Nationalismus hat die Gruppe, mit der man sich identifiziert, eine gemeinsame Geschichte, Sprache, Heimat oder Kultur (oder eben ein Mix davon).
In seiner schwächsten Form kann Nationalismus tatsächlich einen guten Einfluss haben, sodass sich Menschen innerhalb der Gruppe stärker verbunden fühlen und Patriotismus und Solidarität entsteht.
Im Extremfall jedoch kann er zu Gewalt führen und zur Diskriminierung ethnischer Gruppen (Hautfarbe, Kultur, Religion, etc.).
Soziale Kategorien und ein „Wir- und Sie- Denken“ vereinfachen das Gruppendenken. Durch Abgrenzung kann die Wir-Gruppe gestärkt werden, aber sie kann auch die Sie-Gruppe diskriminieren. Im Ernstfall könnte die Wir-Gruppe die Sie-Gruppe als Bedrohung betrachten und sich über diese stellen.
Politische aber auch wirtschaftliche Unterschiede können Gründe sein, denn häufig geht es den Gruppen um Land, materiellen Wohlstand oder bessere Lebensbedingungen. Wenn sich die Feindschaft nicht löst, kann es zu Krieg kommen.
Diktatur und Autorität
Ein weiterer Faktor im Falle des extremen Nationalismus ist der Autoritarismus (eine Staatsform die man mit Diktatur verbindet) und die natürliche Neigung des Menschen, einem Anführer zu vertrauen und zu gehorchen. Autoritätspersonen, wie auch Adolf Hitler, neigen dazu fremdenfeindlich zu sein und ihren Untergebenen ausgedachte Geschichten zu verkaufen, als Gründe für ihre Unzufriedenheit.
Es gibt verschiedene Theorien zum Nationalismus
Da gibt es zum einen die Realistische Konflikttheorie, bei der es „echte“ Gründe für einen Konflikt zwischen den Wir- und den Sie-Gruppen gibt, wie Land, Wasser, Nahrung oder andere Ressourcen.
Des Weiteren gibt es die Soziale Identitätstheorie, bei welcher es keine wirklichen Gründe für einen Konflikt zweier Gruppen gibt. Sie können nichts Handfestes gewinnen, bis auf das befriedigende Gefühl, dass die eigene Nation höherwertig ist, wodurch sich das Selbstwertgefühl steigert.
Zuletzt gibt es noch die Soziale Dominanztheorie. Diese Theorie basiert darauf, dass Menschen es bevorzugen, in gruppenbasierten hierarchischen Strukturen zu leben. Oder einfacher ausgedrückt: Schubladendenken. Aber zur dritten Theorie gehört noch mehr. Unterdrückung ist die Norm, und man unterscheidet zwischen der dominanten Gruppe und der untergeordneten Gruppe. Unterschieden wird dabei zum Beispiel nach Geschlecht, Ethnien (u. a. Hautfarbe), Nationalität, Alter und Sexualität.
Der Weg zur Ausgrenzung
Anfangs herrschen bereits gewisse Spannungen in der Gesellschaft, die aus einer Mischung aus verschiedenen Ethnien und mit unterschiedlichen Religionen und politischen Einstellungen besteht. Die Spannung tritt auf, weil es eine ökonomische Instabilität gibt, zum Beispiel wegen Krieg oder während einer Revolution. Aber es ist allgemein situationsabhängig. Während dieser Phase tritt das Gefühl von Wir- und Sie-Gruppen stärker auf.
Als Nächstes teilt sich die Gesellschaft nach Religionen, Ethnien, wirtschaftlichen und politischen Meinungen. Wenn die Anführer solcher Gruppen dies nutzen, driftet die Gesellschaft immer weiter voneinander weg, wodurch sich der Groll verschlimmert.
Die Denkweise der Wir- und Sie-Gruppen bewirkt, dass die eine Gruppe die andere als Außenseiter ansieht – eben als „die anderen“. Das geschieht oft bei Menschen, die nah beieinander leben und sich in vielem ähnlich sind. Die Abgrenzung führt zu Distanzierung und einer schleichenden Entmenschlichung der „anderen“.
Der nächste Schritt besteht darin, dass die Menschen der Wir-Gruppe, die Menschen der Sie-Gruppe nicht länger als komplexe Individuen betrachten. Man nimmt stattdessen einige feste und sehr einfache Merkmale, wie die Hautfarbe, zur Definierung der „anderen“. Dies wird dann als Symbolbild benutzt für das, wovor man Angst hat oder haben sollte.
Der fünfte Schritt besteht darin, die Sie-Gruppe zu Sündenböcken zu machen, etwa wie die Juden im Mittelalter verantwortlich gemacht wurden für die Pest oder damals im dritten Reich für die schlechten Lebensbedingungen. Je mehr Schuld die Sie-Gruppe zugeschrieben bekommt, desto größer wird die Wut der Wir-Gruppe gegen diese.
Zu guter Letzt wird die Wut gegen die Sie-Gruppe, ausgehend von der Wir-Gruppe, so groß, dass die Sie-Gruppe ausgemerzt wird. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Holocaust.
Die Allport-Skala der Vorurteile
Der US-amerikanische Psychologe Gordon Allport erforschte und untersuchte 1954 die sozialen, psychologischen, politischen und wirtschaftlichen Abläufe, die eine Gesellschaft, ausgehend von Vorurteilen und Diskriminierung, zu Gewalt, Hasstaten und sogar Völkermord führen.
Menschen, die sich ihrer Vorurteile bewusst sind und sich schämen, sind auf dem Weg, diese zu eliminieren.
Gordon Allport erschuf die Allport-Skala der Vorurteile bei dem Versuch, den Holocaust zu erklären. Die fünfstufige Skala umfasst den Grad der Vorurteile in einer Gesellschaft.
Die erste Stufe ist die Verleumdung. Also hasserfüllte Worte, Beleidigungen, Gerüchte, herablassende Kosenamen Stereotype, wie z. B. dass jeder, der schwul ist, es liebt zu shoppen, und respektlose Witze.
Die zweite Stufe ist die Vermeidung: Soziale Ausgrenzung, abweisendes Verhalten, so tun, als wäre/n die Person/en unsichtbar, meiden von Orten der Sie-Gruppe (Betriebe, Häuser, Schulen, Gedenkstätten).
Die dritte Stufe ist die Diskriminierung, die sich dadurch bildet, dass die Sie-Gruppe keine Jobs und keine Bildung, keine medizinische Versorgung, keine Wohnungen und keine Dienstleistungen mehr bekommen. Es kommt möglicherweise zu Gesetzen, die das unterstützen.
Die vierte Stufe ist die körperliche Gewalt. Damit ist auch Gewalt gegen den Besitz der Sie-Gruppe gemeint, sowie körperliche Schikane, Angriffe, bis hin zu Vergewaltigungen.
Die fünfte und letzte Stufe ist die Vernichtung. Gewalt kann eskalieren, gezielte (Massen-) Angriffe, Massenmorde und Genozid.
Ein kleiner Lichtblick am Horizont
In der Regel wird das Weltbild oft in der Familie weitergegeben oder man guckt sich als Kind Verhaltensweisen von den Eltern, Großeltern oder Geschwistern ab. Egal ob gute oder schlechte Eigenschaften.
In den letzten Jahren aber gab es viele gute Entwicklungen, und viele Menschen setzten sich für Gleichberechtigung ein. Ein gutes Beispiel ist das Inkrafttreten des Gesetzes für die gleichgeschlechtliche Ehe am 1. Oktober 2017.
Viele Menschen achten heutzutage nicht mehr all zu stark darauf, wie „anders“ ihr Gegenüber ist. Der Vorteil hierbei ist, dass sich durch die Vielfältigkeit schlechter Wir- und Sie-Gruppen bilden können und Diskriminierung in der Gesellschaft weitestgehend nicht mehr toleriert wird.
Traurig ist jedoch, dass es immer noch viele Gesellschaften und Länder gibt, die nicht so tolerant sind und in festen Hierarchien, mit diskriminierenden Einstellungen und Vorurteilen leben
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